Seilbahnen erobern die Städte – zumindest in der Theorie. Die Praxis sieht allerdings oftmals anders aus. Seilbahnen legen ein großes Stück an Weg zurück, bevor sie an der nächsten Seilbahnhaltestelle abbremsen. Ein ordentlicher öffentlicher Verkehr ist somit mittels Gondeln nicht möglich. Zudem benötigen die Seilbahnhaltestellen eine Menge an Platz (in Form von öffentlichem Raum) und auch nahe stehende Hochhäuser sind eine Behinderung.
Weiters stellt sich die Frage, welcher Hausbesitzer eine Seilbahn über seinen schönen Garten geführt haben möchte? Eine geeignete Trasse für eine Seilbahn in einem urbanen Stadtgebiet zu finden gilt in europäischen Stadtzonen somit als beinahe ausgeschlossen.
Die Herkunft der Seilbahn
Eine Seilbahn oder Gondel werden die meisten mit Winter, Skifahren sowie Berge in Verbindung bringen. Diese Assoziation ist in Europa usus, gibt es doch kaum Seilbahnen in den Städten. Vor allem in Mitteleuropa und Nordeuropa denkt bei einer Seilbahn keiner an eine Stadtseilbahn. Doch gerade diese Technologie befördert zahlreiche Personen pro Stunde den Berg hinauf. Damit könnten also Seilbahnen auch in urbanen Gegenden genügend Personen von A nach B befördern.
Die Arten der Seilbahn
Es gibt verschiedene Arten von Seilbahnen und Gondeln. Dies ist vielen bereits in den Skigebieten aufgefallen. Am häufigsten verbreitet ist das auch für Sessellift genützte Umlaufseilbahnsystem und hier das Einseilumlaufsystem (etwa die Grazer Schöcklseilbahn).
Pendelseilbahn
Die Pendelseilbahn ist die alte klassische herkömmliche Seilbahn, wobei ein oder zwei Godeln auf einem Tragseil die Strecke verkehren. Gezogen werden diese dabei vom Zugseil. Teilweise kommen Bahnen auch mit einem Seil aus (Einseilpendelbahn). Die Bahnen können dabei auch Zwischenstationen besitzen, wobei meist maximal eine in der Mitte der Strecke vorhanden ist (etwa in Barcelona). Der Vorteil ist die Einfachheit der Stationen (kein Kupplungsvorgang) sowie die Möglichkeit eine größere Last zu tragen. Andererseits gibt es nur maximal zwei Gondeln, wodurch nicht laufend Gäste befördert werden können. Bekanntes Beispiel in Österreich ist die Dachstein Panoramagondel auf den Dachstein Gletscher.
Umlaufseilbahn
In Wintergebiete häufiger anzutreffen sind die Umlaufseilbahnen. Hierbei ist ein ständig umlaufendes Zugseil vorhanden, welches die Gondeln sobald sie auf das Seil gekuppelt wurden befördert. Neben den kuppelbaren Seilbahnen gibt es auch fix geklemmte Umlaufseilbahnen, etwa Schlepplifte. Bei Gondeln wird allerdings ein Kuppelvorgang benötigt, wodurch die Stationen aufgrund der Hängeschiene und des Umdrehungsvorgangs länger sind.
Bei Einseilumlaufbahnen gibt es ein Förderseil, welches gleichzeitig als Tragseil als auch Zugseil dient. Die meisten urbanen Gondeln sind derzeit als Einseilumlaufbahnen aufgebaut. So auch die Schöckl Seilbahn. Allerdings können Einseilumlaufbahnen nur bis zu Windgeschwindigkeiten von 60km/h betrieben werden. Dies könnte den öffentlichen Verkehr bei höheren Windgeschwindigkeiten zum erliegen zwingen.
Zweilseilumlaufbahnen (auch 2S-Bahn) genannt, befinden sich heutzutage kaum mehr im Einsatz. Diese haben ein Tragseil, welches Fest mit der Station verbunden ist, und ein Förderseil welches ständig in Bewegung ist. Möglich wird dadurch ein langes Spannfeld zwischen den Stützen. Bekannter sind die Dreiseilumlaufbahnen (3S-Bahnen): Diese haben zwei Tragseile und ein Zugseil und können somit schwerere Lasten tragen.
Weiters hat sich in letzter Zeit ein neuer Typ von Seilbahnen entwickelt: der Funitel. Dies ist eine Doppeleinseil-Umlaufbahn ohne Zugseil, sondern mit zwei Förderseilen. Funitels haben eine hohe Windstabilität und können große Kapazitäten befördern. Neben den Einseilumlaufbahnen gelten somit auch Funitel zur möglichen Stadtseilbahn. Andererseits muss bei diesem Typ das Seil sehr oft getauscht werden, wodurch die Wartungskosten und die Standkosten enorm sind. Mit den Standkosten natürlich auch die Standzeiten des öffentlichen Verkehrs.
Seilbahnen lösen urbane Probleme
Seilbahnen gelten und gehören bereits in vielen Ländern und Städten zum öffentlichen Verkehrssystem. In südamerikanischen Städten ist sogar ein regelrechter Seilbahnboom ausgebrochen. Zudem ist mit dem österreichischem Seilbahnhersteller Doppelmayr die Technik sowie das Know-How bereits im Land.
Am Besten für Graz eignet sich aufgrund der günstigen Alternative eine einfache Einseilumlaufbahn. Dieses Konzept hat sich bewehrt, ist bekannt und günstig. Allerdings kann diese nicht an windstarken Tagen verkehren. Die Seilbahn kann somit nur als zusätzliche Unterstützung des öffentlichen Verkehrs eingesetzt werden oder benötigt im Bedarfsfall eine eigenen Ersatzverkehrroute.
Diese Städte setzen bereits auf die Seilbahn
- Portugal
- London
- Hongkong
- La Paz
- Medellin
- Caracas
Aspekte einer Seilbahn
Schnell und effizient. Platzsparend und leise. Skalierbar und energiefreundlich. Dies sind lediglich einige Aspekte moderner urbaner Seilbahnen. Nachfolgend erfolgt ein Vergleich der wichtigsten positiven als auch negativen Aspekte dieser Technologie.
Positiv
- Murüberquerung problemlos möglich
- Leichte Skalierbarkeit der Kapazitäten
Negativ
- Viel Platz für die Stationen
- Ständige Geräuschkulisse der Seilbahn
- Beobachtbar und Privatsphäre für Grundstücks- und Gebäudeeigentümer bzw. Mieter
- Personalkosten bleiben bestehen
Seilbahn in Graz
Schöckl Seilbahn
Die Schöckl Seilbahn in ihrere heutigen Form wurde 1995 als Einseilumlaufbahn gebaut und verläuft zwischen St. Radegund auf 780 Höhenmeter und der Bergstation auf 1436 Höhenmeter in der Nähe des Schöckl Senders. Die Höhendifferenz ist somit 656 Meter und die Streckenlänge ist 2,087 Kilometer. Die Fahrdauer beträgt 7 Minuten bei einer Kapazität von maximal 1000 Personen die Stunde. Es gibt insgesamt 44 6er Gondeln und 10 Stützen. Die Schöcklseilbahn verkehrt auf den Grazer Hausberg Schöckl.
Plabutsch Seilbahn
Die Plabutsch Seilbahn soll künftig von Graz Eggenberg über den Plabutsch mit einer Mittelstation nähe des Fürstenstandes zum Thalersee verkehren. Auf dem Plabutsch als auch am Thalersee sollen neue Freizeitmöglichkeiten geschaffen werden und Grazern und Grazerinnen eine Auszeit ermöglichen. Das Restaurant am Thalersee soll dabei komplett renoviert werden, wobei der Fürstenstand derzeit so bestehen bleibt. Vermutet wird der Bau einer Einseilumlaufbahn. Die Plabutschseilbahn dürfte nicht in die Verbundlinie integriert werden, sondern mit einem Extra Ticket bezahlt werden. Preislich wird die Plabutsch Gondel dem Preisen am Schöckl entsprechen. Die Integration in die Berg & Wasser Saisonkarte wird vermutet.
Murseilbahn und Murgondel
Neben der Plabutsch Gondel, welche derzeit bereits in der ersten Planung ist, lebt auch die Murgondel weiter. Eine eigene Gesellschaft (Projektgesellschaft) soll die Möglichkeit von Gondel, Seilbahnen und U-Bahnen durch Graz prüfen. Neben verschiedenen Machbarkeitsstudien sollen diese auch die Finanzierung klären.
Die Murgondel ist in Punkto Machbarkeit die beste Alternative. Entlang der Mur ist reichlich Platz für Seilbahnstationen und Stützen. Andererseits hat die Murseilbahn auch den geringsten nutzen – immerhin gibt es kaum Bedarf entlang der Mur zu gondeln. Dadurch wird die Finanzierung ein hohes Risiko und der öffentliche Verkehr in Graz kaum entlastet. Der Bau einer Murgondel bis zum Flughafen scheint auch aus der Sicht eines Anschlusses der Koralmbahn (ÖBB) nicht mehr nützlich. Maximal der nördliche P&R Parkplatz könnte mit der Murgondel betrieben werden. Ob diese zwei Fahrten pro Tag für eine Finanzierung ausreichen ist allerdings mehr als fraglich.
Weitere Linienverläufe
Seilbahnstationen müssen multifunktional sein und Verkehrsknotenpunkte darstellen. Zudem benötigen sie einen ausreichenden Platz, welcher etwa derzeit in Graz nur durch Parkanlagen (Volksgarten, Stadtpark, …) gegeben ist.
Derzeit wird die Seilbahn auch als Ergänzung zu einer möglichen Metro angedacht. Dies bedeutet, dass die Gondel in Graz die Nord-Süd Verbindung übernehmen soll, während die Metro die West-Ost Verbindung abdeckt. Der Treffpunkt wäre allerdings wieder in der Stadtmitte. Doch gerade Graz sollte wegkommen vom zentralen Umsteigemittelpunkt und mehrere Umsteigeknoten schaffen. Aus diesem Grund empfiehlt sich eine Kreisvariante, wobei dies nicht mit S-Bahnen, sondern lediglich mit Metro oder Straßenbahnen abgedeckt werden könnte.
Die einzige Alternative zur Murgondel wäre eine Gondel über der Wienerstraße bis zur Triesterstraße und weiter in Richtung Puntigam. Hier scheitert es jedoch am Platz der Gondelumstiegsknoten, wodurch die Alternative nicht gebaut werden kann.
Standseilbahn in Graz
Die Grazer Schloßbergbahn zählt zudem ebenso zu den Seilbahnen und zwar als oberirdische Standseilbahn. Sie verkehrt in Graz von der Station Graz Schloßbergbahn auf den Schloßberg in der Nähe des Glockenturms sowie der Kasematten. Die beiden Gondelwagen mit Panormablick über Graz überwinden auf 212 Meter Länge eine Höhendifferenz von 109 Meter. Die Kabinen für 58 Personen fahren dabei zwischen 1,5-3m/s, wobei die neuen Wägen in der dritten Generation seit 2004 im Einsatz sind. In der Mitte befindet sich auf der eingleisigen Strecke Weichen mit Ausweichstation.
Ein Wagen der zweiten Generation kann im Tramway Museum Graz besichtigt werden. Der zweite kann von außen auf dem Gelände der Shopping City Seiersberg unter dem Uhrturm Schatten betrachtet werden.
Ergebnis
Eine Seilbahn für Graz kann es lediglich als Neubau in umliegende Gebiete bis zur Stadtgrenze oder auf Berge geben. Jede andere Alternative wäre weder aus wirtschaftlicher noch aus Sicht für die Entlastung des öffentlichen Verkehrs zweckmäßig. Aus diesem Grund wird es für Graz eher keine Gondel oder Seilbahn für die Lösung des urbanen Problems geben. Die einzige Lösung für Graz ist und bleibt damit eine U-Bahn für Graz.