Ende August 2022 – die Strompreise steigen rasant und auch ein Energieanbieter schlittert in die Kriese. Doch wie sind eigentlich solch überraschende Sicherheitssummen möglich? Was passiert, wenn diese Summen nicht aufgebracht werden und sind diese Staatssicherheiten wirklich sicher? Ein Überblick inklusive Background und erklärten Beispiel gibt einen Einblick in die Welt der Termingeschäfte.
Die schnell verderbliche Ware Strom
Energieunternehmen können den Strom entweder selbst produzieren oder von anderen Unternehmen kaufen. In der Regel gibt es einen Mix zwischen Eigenproduktion und Zukauf, doch auch der Verkauf mischt bei heimischen Unternehmen mit. So hat etwa der Verbund so viele Kraftwerke, dass der Strom an andere Energieanbieter verkauft wird.
Problematisch bei Strom ist allerdings seine Verderblichkeit. Hierbei gilt Strom als äußerst schnell verderbliche Ware, denn er kann nur mit großem Aufwand und äußerst teuer gespeichert werden. Außerdem sind die Speicherkapazitäten begrenzt, sodass zu jedem Zeitpunkt Nachfrage und Angebot übereinstimmen müssen. Besitzer von Balkonkraftwerken kennen vielleicht die Krux, dass überschüssiger Strom kostenlos dem Netzbetreiber zur Verfügung gestellt wird. Außerdem wird mit einem Balkonkraftwerk nie so viel Strom erzeugt, dass die Eigenproduktion ausreicht.
Bei der Wien Energie ist der Fall ein wenig abgeändert, die Problematik bleibt allerdings. Im Winter müssen aufgrund der Fernwärme viele Kraftwerke laufen. Diese können allerdings neben Wärme als „Abfallprodukt“ auch Strom liefern. Strom, welcher allerdings oftmals nicht benötigt wird. Das Energieunternehmen müsste nun diesen Strom kostenlos einspeisen, wobei es sich hier um riesige Mengen handelt. Besser wäre es doch, den Strom zu verkaufen – doch wie kurzfristig einen Abnehmer finden? Wie wird im Winter überhaupt der Preis aussehen? Sollte nicht etwas Planungssicherheit gegeben sein? Die Antwort: Ein Termingeschäft.
Das verhängnisvolle Termingeschäft
Ein Termingeschäft ist in der Regel ein ganz normaler Vertrag, welcher bereits heute zu bestimmten Konditionen abgeschlossen wird, allerdings erst zum Termin fällig wird. Aufgrund von Unsicherheiten dazwischen, ergibt sich in der Regel ein anderer Preis als der aktuelle Tagespreis, wobei die Verkäufer und Käufer unterschiedliche Ansichten vertreten können (Preis wird steigen, Preis wird sinken, etc.).
Das Energieunternehmen kann bereits Anfang 2022 sagen, dass im Winter Strom zur Verfügung stehen wird. Der aktuelle Preis ist (angenommen) 55€ je Megawatt. Verkäufer und Käufer antizipieren jetzt einen Preis für das kommende Jahr (Forecast), wobei die untenstehenden Grafiken nur als Referenz genommen werden sollen und als Beispiel dienen. So glaubt etwa der Käufer, dass der Preis im Dezember 62€ / MW sein wird, der Verkäufer rechnet mit 58€ / MW. Wird nun ein Termingeschäft mit 60€ / MW gemacht, so können beide Händler davon profitieren, da de facto beide einen Gewinn machen (bezüglich ihres Forecasts).
Außerdem trat die Frage auf, ob das Bekanntwerden des Krieges etwas an der Situation geändert hätte. Auch hier kommt es auf den Käufer und den Verkäufer und ihre Antizipation an. Wenn beide davon ausgehen, dass es sich nur um ein kurzfristiges Konstrukt handelt, hätte sich am Termingeschäft nichts geändert (siehe Bild).
Was wurde sich aus dem Termingeschäft erhofft?
Das Termingeschäft führt dazu, dass der Strom mit Sicherheit am Ende des Jahres abgenommen und verkauft wird. Der Gewinn wird bestimmt aus den Verkaufskosten abzüglich der Herstellungskosten. Angenommen die Herstellungskosten sind gleichbleibend über das Jahr mit 20€ / MW und der aktuelle Preis für den Verkauf wären 55€/MW. Da allerdings nicht heute verkauft wird, sondern zu einem späteren Zeitpunkt (zum Ende des Jahres) wird ein Preis ausgemacht. Dabei geht es aber um die Ansichten von Käufer und Verkäufer. Das eine Energieunternehmen geht von steigenden Preisen aus, ein anderes rechnet eventuell mit sinkenden Preisen.
Aus dem Termingeschäft der Wien Energie gehen zwei entscheidende Punkte hervor: Der Strom wird mit Sicherheit abgenommen und der Preis zum Abnahmezeitpunkt steht bereits heute fest. Dadurch kann seitens Verkäufer als auch Käufer der Betrag bereits fix in das Budget eingeplant werden.
War das Termingeschäft eine verhängnisvolle Entscheidung?
Jedes normale Unternehmen wäre ein solches Termingeschäft über ein oder zwei Jahre eingegangen. Es ist wichtig, dass so wenig Ressourcen verschwendet werden wie nötig. Ein Kleiderhersteller versucht die Restmenge an Stoffabfall zu verwerten, ein Fernkraftwerk versucht den Strom zu verwerten. Der Strom muss also verkauft werden. Vor zwei Jahren (2020) rechnete aber keiner damit, dass die Strompreise exorbitant steigen werden.
Wird ein Termingeschäft eingegangen muss man sich natürlich auch der Konsequenzen bewusst sein. Ein simples Beispiel ist etwa der Euro Dollar Kurs. Man könnte sagen, dass der Kurs innerhalb von eines Jahres um +/- 20% schwankt. Wer gutes Risikomanagement betreibt könnte sogar noch annehmen, dass sich der Kurs auf 1:2 oder 1:0,5 ändert. 99.9% der Menschen würden dies sofort bejahen, dass der Kurs sich innerhalb eines Jahres dort befindet. Und dies ist auch der reguläre normale Markt.
Doch was passiert, wenn der Markt – so wie bei den Strom- und Gaspreisen – verrückt spielt? Die Antwort lautet: Regierungen greifen in diesem Fall ein und korrigieren den Markt. Dies ist allerdings bisher nicht passiert. Der Markt hatte nun freies Spiel und die Preise stiegen. Ausschlaggebend ist hierbei der ISPEX, ein Energiepreisindex. Dieser Stand zum Zeitpunkt März 2021 bei 53,33€. Würden wir nun die beiden Dollar Beispiele hernehmen mit +/-20% sowie einer Verdoppelung oder Halbierung, so müsste sich der Preis zwischen 42,66€ und 64,00€ bzw. zwischen 26,66€ und 106,66€ liegen. Ein Preis von 106,66€ gilt dabei schon als grenzenlos unwahrscheinlich. Kurzzeitig war der Index allerdings am 26.08.2022 auf 985€. Dies entspricht einem Faktor von 18,5 oder einer Steigerung von 1.746 Prozent. Stellt euch vor, eure Aktie würde sich innerhalb eineinhalb Jahren verzehnfachen? Und hier reden wir beinahe um eine verzwanzigfachung. Kein Unternehmen kann dies kommen sehen.
Börsen und Broker sorgen für Termingeschäft
Termingeschäft werden an der Strombörse sowie OTC (over-the-counter) gehandelt. In der Regel gibt es einen Mittelsmann (den Broker), welcher Händler und Verkäufer vereint, wobei Anonymität garantiert ist. Dabei gilt allerdings, dass der Broker die Kerngeschäft der Händler nicht kennt.
Es gibt verschiedene Varianten von Geschäften. Dazu zählen Termingeschäfte und Optionen. Optionen beinhalten immer Rechte (gegen eine Optionsgebühr), wohingegen Termingeschäfte Fixgeschäfte sind. Eine genaue Übersicht der Unterschiede findest du im nachstehenden Foto, welche auch die gesamten Erklärungen beinhaltet.
Die Wien Energie ist ein SHORT eingegangen, welches bei steigenden Preisen sich negativ auswirkt. Es handelt sich hierbei um den Verkauf der Ware (Strom) und dabei um einen sogenannten Leerverkauf. Dies bedeutet, dass die Ware nicht besessen wird. Hier lässt sich streiten, ob die Wien Energie den Strom nicht bereits zum Zeitpunkt x besitzt bzw. ob es sich wirklich um einen Leerverkauf handelt, da die Wien Energie als Hersteller von Strom diesen de facto besitzt. Auch wenn nicht auf sinkende Preise gehofft wurde, geht es hier um den Strike Preis (also den ausgemachten Preis) – rein auf Basis eine fixen Absicherung für das Budget.
Beispiel Short im Energiemarkt
Der Verkäufer des Stroms muss beim Broker eine Sicherheit hinterlegen. Meistens wird der aktuelle Preis bei der Börse als Sicherheit hinterlegt (Initial Margin). Steigt der Preis des Stromes, reichen die Sicherheiten nicht mehr aus und es müssen weitere Sicherheiten eingezahlt werden. Dazu gibt es einen Margin Call – die Aufforderung weitere Sicherheiten (Variation Margin) zu hinterlegen.
Der Käufer des Stroms muss beim Broker ebenso eine Sicherheit hinterlegen. Streng genommen könnte man sagen, es wird der volle Betrag beim Broker hinterlegt. Bei 1 MW um 60€ / MW wird also 60€ beim Broker hinterlegt. Dieses Geld bekommt der Käufer bei Erfüllung retour. Sollte der Käufer jedoch in Konkurs gehen, kann der Broker den Strom um das sicher hinterlegte Geld einkaufen. Der Käufer müsste nun den Margin erhöhen, wenn der Preis des Stroms sinken würde. Erklärung: Bei einem Ausfall müsste der Broker dem Verkäufer 60€ geben, kann den Strom allerdings nur um 20€ weiterverkaufen und generiert dadurch einen Verlust von 40€.
Beachte, dass der auch bei steigenden Preisen (wodurch für den Verkäufer der Margin sinkt) der Maintenance Margin immer auf dem Konto zu hinterlegen ist.
Szenario eines steigenden Preises und eines Leerverkaufs (Short Sell)
Jede Börse legt eine Mindestanforderung bezüglich Sicherheiten fest. In diesem Fall werden die Sicherheiten für Leerverkäufe mit 100% des aktuelle Marktwertes festgelegt. Außerdem müssen 50% an weiteren Sicherheiten gegenüber Preisveränderungen getätigt werden. Die Börse sichert sich somit gegen einen Ausfall als auch ein kurzfristiges Preisänderungsrisiko ab. Weiters sorgt der erhöhte Sicherungsrahmen dafür, dass es nicht zu täglichen Margin Calls kommt. Die Maintenance Margin wird mit 30% festgesetzt.
Zum Verkaufszeitpunkt sind somit 5.000€ aus dem Leerverkauf sowie ein Initial Margin von 2.500€ zu hinterlegen. In Summe liegen dadurch auf den Konto 7.500€.
Nun kommt es zu einer Preiserhöhung, wodurch die Börse 5.500€ für den Strom bezahlen müsste. Die Maintenance beträgt 30%, also 5.500€ * 0,3 = 1.650€ wodurch sich eine Gesamtmargin von 7.150€ ergibt. Auf dem Konto liegen allerdings bereits 7.500€, wodurch kein Margin Call ausgelöst wird.
Zeitpunkt / Szenario | Anzahl | Strompreis | Leerverkaufs-wert | Maintenance / Initial Margin Requirement | Total Margin Requirement | Margin Call |
---|---|---|---|---|---|---|
Zeitpunkt Short Sale | 100 | 50 | 5.000 | 2.500 (Initial) | 7.500 | |
Preiserh. 1 | 100 | 55 | 5.500 | 1.650 (Maint.) | 7.150 | 0 |
Preiserh. 2 | 100 | 60 | 6.000 | 1.800 (Maint.) | 7.800 | 300 |
Preiserh. 3 | 100 | 75 | 7.500 | 2.250 (Maint.) | 9.750 | 1.950 |
Preissenk. 1 | 100 | 50 | 5.000 | 1.500 (Maint.) | 6.500 | * |
Preissenk. 2 | 100 | 35 | 3.500 | 1.050 (Maint.) | 4.550 | ** |
* Es können sich (9.750-6.500) 3.250€ an Sicherheiten zurückgeholt werden. Diese Sicherheiten sind frei und können entweder für andere Geschäfte / Transaktionen verwendet werden oder auf das Konto zurück gebucht werden.
** Bei einigen Börsen muss zumindest immer der Leerverkaufswert (5.000€) oder der Leerverkaufswert inklusive dem Initial Margin (7.500€) als unterste Grenze als Sicherheit hinterlegt werden.
Szenario eines steigenden Preises und eines Leerverkaufs (Short Sell) mit Short Sell on Margin
Oftmals können die gekauften oder verkauften Produkte auch als Sicherheit eingesetzt werden. In diesem Fall wird das Geld, welches der Käufer dem Verkäufer (dem Energieunternehmer) zahlt bei der Börse als Sicherheit hinterlegt. Es fällt deshalb nur der Initial Margin sowie der Maintenance Margin an.
Der Margin ergibt sich nun aus dem Beleihungswert plus der eingelegten Sicherheiten (Initial Margin) abzüglich der aktuellen Summe.
Bei der ersten Preiserhöhung ergibt sich ein Nettovermögen von 2.000€. Dies berechnet sich aus 7.500€ (Sicherheiten und Beleihungswert) abzüglich dem neuen Preis (5.500€). Der Margin ist somit 2.000 / 5.500 = 36,6%. Der Maintenance Margin könnte also 1.650€ betrag (30% von 5.500). Das Margin Requirement beträgt 2.150€ – dies ergibt sich aus 2.150€ + 5.000€ abzüglich 5.500€, welches den 30% (1.650€) des Margins beträgt)
Bei der zweiten Preiserhöhung ergibt sich ein Nettovermögen von 650€ (5.000 + 1.650 – 6.000). Der Margin beträgt somit nur noch 10,8%. Ein Margin Call auf 30% wird fällig.
Zeitpunkt / Szenario | Anzahl | Strompreis | Summe | Beleihungs-wert | Maintenance / Initial Margin Requirement | Total Margin Requirement | Margin Call |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Zeitpunkt Short Sale | 100 | 50 | 5.000 | 5.000 | 2.500 (Initial) | 2.500 | |
Preiserh. 1 | 100 | 55 | 5.500 | 5.000 | 1.650 (Maint.) | 2.150 | |
Preiserh. 2 | 100 | 60 | 6.000 | 5.000 | 1.800 (Maint.) | 2.800 | 300 |
Preiserh. 3 | 100 | 75 | 7.500 | 5.000 | 2.250 (Maint.) | 4.750 | 1.950 |
Wie sieht das Termingeschäft aus?
An der Börse wurde Strom für einen festen Termin für einen bestimmten Preis verkauft (Kontrakt). Der Termin liegt dabei in der Zukunft und Verkäufer als auch Käufer hinterlegen eine Kaution (Margin) als Sicherheit. Wenn der Strompreis über den vereinbarten Preis steigt, bedeutet dies einen Gewinn für den Käufer und einen Verlust für den Verkäufer sowie eine höhere Margin als Sicherheit. Genau dieser Fall ist nun bei der Wien Energie eintreten.
Was ist ein Margin Call?
Ein Margin Call ist nichts anderes als eine Aufforderung des Brokers (Sicherungsgeber) zur Zahlung bzw. Erhöhung der Margin. Ein anders Wort dafür lautet Nachschusspflicht, also die Erhöhungen der Sicherheiten, welche bei Neubewertung innerhalb von 24 Stunden zu erfüllen ist. Sicherheiten können dabei Cash, Aktien, Wertpapiere, Immobilen oder Bankgarantien sein.
Bei Nichterfüllung wird die Position glattgestellt. Dies bedeutet, dass eine Gegenposition eingegangen wird und die Sicherheiten teilweise verloren sind und dadurch sofort Verluste realisiert werden.
Macht die Wien Energie aus dem Short Sell Gewinn?
Ja, allerdings nicht so viel wie viele vermuten. Der Gewinn besteht aus dem bereits vereinbarten Verkaufspreis abzüglich des Produktionspreise (bei Eigenproduktion) oder Einkaufspreis (bei nicht Eigenproduktion). Würde die Wien Energie den Strom zum heutigen Zeitpunkt verkaufen mit Preisen von 600€ oder mehr, wäre der Gewinn viel höher. Auch ein heutiges Termingeschäft mit einem Zeitraum von 3 Monaten würde vermutlich noch immer Preise zwischen 500 bis 700€ versprechen. Allerdings wurde das Termingeschäft mit der Vorhersage von vor zwei Jahren gemacht. Aus diesem Grund wurde nicht spekuliert, sondern ein sicherer Gewinn gemacht.
Der sichere (wenn auch aus heutige Sicht magere Gewinn) ergibt sich eben aus den Herstellungskosten (welche sicher ebenso gestiegen sind aufgrund den Gaspreisen) abzüglich den damals vereinbarten Preis. Da vor zwei Jahren die Preise noch nicht vorhersagbar waren, haben allerdings beide Parteien richtig antizipiert (zum damaligen Zeitpunkt). Der Käufer hat also aus heutiger Sicht einen Glücksgriff gemacht. Es hätte aber auch genau anders sein können und der Energiepreis wäre bei 10 € gelandet. Aus diesem Grund ging es hier immer nur um eine Absicherung der Position und nie um Optionen oder riskante Strategien.
Wäre eine Option die bessere Variante gewesen?
Im nachhinein ist die optimale Strategie immer bekannt, da es nun keine Unklarheiten gibt. Wir wissen nun mit Sicherheit, dass die Preise steigen. Dies war zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar. Aus diesem Grund wäre heute eine LONG PUT Option die beste Alternative gewesen, welche den Gewinn maximiert hätte.
Bei dieser Option kauft man sich ein Verkaufsrecht (das Recht aber nicht die Pflicht) gegen eine gewisse Gebühr. Diese Option setzt allerdings auf sinkende und nicht steigende Preise, also macht dies Sinn? Definitiv. Würde der Preis sinken, würde das Energieunternehmen einen Gewinn machen, weil es noch immer zum Preis verkaufen dürfte. Würde der Preis allerdings steigen, würde die Option einfach nicht ausgeübt werden und die überschüssige Energie zum Tagesaktuellen Preis verkauft werden. Der Verlust ist dabei die Gebühr für diese Option, welcher aber bei stark steigenden Preisen ausgeglichen werden kann. Diese Strategie hat allerdings einen Haken: Es muss zumindest ein Abnehmer (Käufer) des Stromes gefunden werden, welcher den Storm zum Tagesaktuellen Preis abnimmt.
Nun herrscht natürlich die berechtigte Frage, weshalb kein LONG PUT eingegangen wurde? Erstens hatte man noch nicht die Sicherheit, dass der Preis steigt und zweitens kostet die Optionsgebühr Geld. Bei einer kleinen Steigerung um +/- 20 Prozent wie sie normal stattfindet ist dies eine viel riskantere Strategie einen Verlust einzufahren.
Gleichzeitig hätte man sich noch die Kosten der Optionsgebühr holen können, wenn man eine SHORT PUT Option eingegangen wäre. Hierbei hat man die Pflicht den Strom zu kaufen (Achtung: man wollte eigentlich immer Strom verkaufen). In dem Fall ist die Wien Energie Stillhalter, es bedeutet also, ein anderer Energieanbieter verkauft der Wien Energie Strom. Doch weshalb sollte er etwa um 50€ den Strom hergeben, wenn er dafür 400€ auf dem Markt bekommen könnte? In diesem Fall wird die Option nicht ausgeübt und die Gegenposition (Wien Energie) erhält die Optionsprämie. Außerdem hätte man hier auch noch den LONG PUT abgesichert, d.h. wenn der Strompreis gefallen wäre, hätte man die beiden Positionen ausgleichen können, da beide Optionen ausgeübt worden wären.
Wie sicher sind die Sicherheiten?
Sofern der Staat Österreich der Wien Energie so viele Sicherheiten wie nötig einräumt sind die Sicherheiten garantiert. Doch es gibt auch einige Szenarien, in welchen die Sicherheiten komplett verloren gehen und die Staatsschulden dadurch steigern.
- Die Sicherheiten werden nicht rechtzeitig oder in voller Höhe geleistet (Glattstellung der Position mit sofortiger Verlustwirkung)
- Das Energieunternehmen kann den Strom nicht liefern (aufgrund von Gasknappheit, Ausfall des Kraftwerks, etc.) und muss den Strom zum dann gültigen teuren Preis einkaufen
- Die Börse schlittert in den Konkurs
Sofern sich die Stadt, der Staat sowie das Energieunternehmen auf maximale Sicherheiten einigen, kann Punkt eins ausgeschlossen werden. Sofern eine Gasknappheit vorherrscht und kein Strom erzeugt werden kann, wird der Ausfall ziemlich sicher eintreten, sodass die Sicherheiten verloren sind und die Schulden steigen. Beim Ausfall eines Kraftwerkes können noch andere Kraftwerke (auch gemeinsam mit anderen österreichischen Energieproduzenten) helfend zur Seite springen und einen Verlust der Sicherheiten (Staatsgarantien) verhindern.
Zocker VS Produzent – Stromeinkäufe und Stromverkäufe
Die Wien Energie kann das Produkte (den Strom) schlussendlich produzieren, sodass sie als Produzent auftritt und somit den Strom auch liefern kann. Wäre dies nicht der Fall, müsste die Wien Energie den Strom zuerst zu einem teuren Preis kaufen und dann zum Preis x verkaufen.
Laut Finanzbericht gibt es allerdings eine Ungereimtheit. Es wurden viele Termingeschäfte über Verkauf und Kauf durchgeführt, sodass zu vermuten ist, dass sich aus diesen Positionen ein Finanzgeschäft abseits der Energiewirtschaft ergibt. Doch auch dieses kann lukrativ sein und zu Gewinn führen, sofern die Preise in die richtige Richtung gehen. Nehmen wir nun an, ich kenne jemanden, der am Jahresende mir den Strom um 20€ verkaufen würde. Gleichzeitig kenne ich auch eine Person, welche mir den Strom um 40€ abnehmen würde. De facto spielt das Unternehmen einen Mittelsmann und kassiert die Differenz als Gewinn. Um dem Ausfallsrisiko zu entgehen, wird das Geschäft an einer Börse durchgeführt. Nun ist die Börse bei beiden Positionen verpflichtet und es müssen Sicherheiten hinterlegt werden. Auch wenn die beiden Geschäft sich gegenseitig absichern, verlangen sie bei der Erhöhung der Strompreise große Garantiesummen als Sicherheit.
FAQ – Fragen und Antworten
Weshalb werden nun Sicherheiten benötigt?
Ursache bzw. Auslöser sind das Termingeschäft an der Strombörse in Kombination mit den stark steigenden Preisen des Strompreisindex. Der Handel wurde zur Absicherung der überschüssigen Mengen durchgeführt. Durch die Durchführung an einer Börse werden Sicherheiten benötigt um die Preisschwankungen oder Vertragsausfälle auszugleichen.
Warum muss die Margin erhöht werden?
Bei einer Änderung des Preises muss die Margin erhöht werden. Je nach Richtung der Preisänderung muss entweder der Verkäufer oder der Käufer die Margin erhöhen, wobei der Preis nach unten beschränkt (kostenlos) nach oben aber offen ist.
Weshalb müssen Sicherheiten hinterlegt werden?
Die Börse ist gegenüber den Käufer als auch Verkäufer verpflichtet. Kommt es zu Preisschwankungen oder Vertragsausfällen seitens einer Partei ist die Börse gegenüber der anderen Partei weiterhin zur Vertragserfüllung verpflichtet. Käufer als auch Verkäufer agieren anonym und haben nur Kontakt zum Broker. Aus genannten Gründen wird deshalb eine Sicherheit (Margin) hinterlegt.
Wie schnell müssen Sicherheiten bei einem Margin Call hinterlegt werden?
Bei einem Margin Call hat man in der Regel lediglich 24 Stunden Zeit weitere Sicherheiten und Garantien zu hinterlegen. Sobald der Zeitraum abläuft stellt die Börse einen Teil oder die gesamte Position glatt und nutzt einen Teil der Sicherheiten für den Ausfall. Es wird dadurch sofort ein Verlust realisiert.
Was ist ein Initial Margin?
Bei einem Initial Margin wird beim Abschluss eines Geschäfts bereits ein bestimmter Anteil an Sicherheitsleistungen (Cash, Garantien, Wertpapiere, Aktien, etc.) hinterlegt. Diese dienen zur Absicherung des Geschäfts gegenüber der Börse (Ausfallsrisiko).
Was ist ein Variation Margin?
Bei einem Variation Margin handelt es sich um einen Nachschuss von Sicherheiten, da der Initial Margin nicht mehr ausreicht. Dadurch garantiert die Börse gegenüber beiden Parteien die Aufrechterhaltung des Vertrags.
Was ist ein Margin Call?
Bei einem Margin Call handelt es sich um eine Aufforderung seitens der Börse weitere Sicherheiten zu hinterlegen, da ansonsten die Positionen glatt gestellt oder geschlossen werden. Der Zeitraum für die Hinterlegung von weiteren Sicherheiten ist in der Regel 24 Stunden.
Werden die Sicherheiten zurückbezahlt?
Sofern die Geschäfte wie ursprünglich vereinbart abgewickelt werden, zahlt die Börse die Sicherheiten zurück. Da die Sicherheiten das eingegangene Risiko der Börse gegenüber Käufer und Verkäufer abdeckt, wird kein Margin mehr benötigt.
Ist ein Short Selling ein Leerverkauf?
Bei einem Short Sell wird ein Produkt zu einem späteren Termin verkauft, welches noch nicht im Besitz ist. In der Regel wird dieses Instrument bei sinkenden Preisen verwendet. Es wird erhofft, das Produkt später günstig kaufen zu können und dann zu den bereits heute teureren Preis zu verkaufen. Man kann es allerdings – sofern das Produkt produziert werden kann oder bereits vorhanden ist – auch als Absicherung nutzen. Aktienkäufe sind in der Regel ein Long Sell, da auf steigende Aktienpreise gehofft wird.
Welches Termingeschäft wurde abgeschlossen?
Es wurde ein börsenmäßig organisiertes Termingeschäft auf Waren (Commodity Futures) abgeschlossen.
Was ist ein Maintenance Margin?
Der Maintenance Margin ist jener Betrag, der immer auf einem Konto als Sicherheit vorhanden sein muss, sofern eine offene Position vorhanden ist. Dieser darf nicht unterschritten werden.