Das Risikomanagement ist für Banken eine unverzichtbare Aufgabe, da sie ständig verschiedenen Risiken ausgesetzt sind. Diese Risiken müssen identifiziert, bewertet und gesteuert werden, um die Stabilität der Bank und den Schutz der Einlagen zu gewährleisten. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Aspekte des Risikomanagements in Banken ausführlich behandelt, einschließlich der Arten von Risiken, der Methoden zur Risikomessung und -steuerung sowie aktueller Entwicklungen und Herausforderungen in diesem Bereich.
Banken müssen bewusst Risiken eingehen und jene steuern (Kernaufgabe einer Bank unter anderem bei der Vergabe von Krediten). Dies geschieht durch Selektion der Übernahme sowie durch den Zins und Pfand. Durch dieses Zusammenspiel ist die Bank als Institution erst möglich.
Bankenregulierung
Banken unterliegen einer Vielzahl an Regulatorik – eine davon ist auch ein funktionierendes Risikomanagement zu besitzen. Die Hauptaufgabe für das Risikomanagement bei Banken besteht in der Bestimmung von nötigen Kapitalbeträgen: Puffer, Eigenkapitalbedarf, Liquiditätsbedarf, etc. Dies allerdings nicht nur für erwartete (prognostizierbare) Verluste, sondern auch für unerwartete zukünftige Verluste (Kernaufgabe des Risikomanagements einer Bank). Dadurch soll einerseits die Insolvenzwahrscheinlichkeit gesenkt werden, Gewinnerzielung erfolgen und die Aufsichtsbehörden zufrieden gestellt sein.
Banken sind einer Vielzahl an Risiken ausgesetzt. Dabei ist es für eine Bank nötig die Risikoarten und Risikoquellen als Gesamtbetrachtung zu erfassen. Dazu gehören
- Kreditrisiken (Ausfallrisiken)
- Marktrisiken
- Liquiditätsrisiken
- Modellrisiken
- Schätzrisiken
- operationelle Risiken
- etc.
Bankspezifische Risiken
Banken sind Risiken ausgesetzt, wobei diese in das Kreditrisiko, Marktrisiko, operationelle Risiko sowie Liquiditätsrisiko eingeteilt werden können. Diese werden nachfolgend kurz beschrieben. Die einzelnen Risiken treten nicht nur bei Banken, sondern auch bei anderen Unternehmen (vor allem operationelle Risiken) auf.
Kreditrisiko
Kreditrisiko kann im engeren Sinne und im weiteren Sinne betrachtet werden. Im engeren Sinne wird von einem Ausfallrisiko gesprochen. Dies bedeutet, dass der Kreditnehmer den Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann (Adressenausfallrisiko) oder ein Ausfall von Emittenten in Wertpapieren auftritt (Kontrahentenrisiko). Das Kreditrisiko im weiteren Sinne wird auch Migrationsrisiko genannt und definiert die zusätzlich erforderlichen Risikovorsorgen infolge einer Bonitätsverschlechterung. Solche Bonitätsverschlechterungen werden oftmals mit Kreditratings definiert, welche von großen Ratingagenturen (Moodys, S&P) herausgegeben werden. Die Berechnung des Kreditrisikos kannst du im Blogartikel über Ausfallrisiken und Kreditrisiken nachlesen.
Marktrisiko
Bei einem Marktrisiko geht es um Veränderungen von Marktpreisen von Finanzinstrumenten. Dabei können verschiedene Risiken in Betracht kommen: Änderungen von Preisen von Währungen, Rohstoffen, Aktienpreisen, Preisen von Anleihen, Zinsen, Kreditaufschläge für Bonitäten und Volatilitäten und vieles mehr. Das Marktrisiko ist auch unter dem Namen Preisrisiko bekannt. Informiere dich über die Berechnung des Marktrisikos.
Operationelle Risiken
Operationelle Risiken beschreiben alle Risiken, welche mit dem operativen Tagesgeschäft in Zusammenhang stehen. Dies sind meist interne Verfahren (zu lange in einem Säurebad gelassen), Menschen (Kassier gibt zu viel Wechselgeld heraus), Systeme (Fehler in der Software preist Waren falsch aus), Rechtsrisiken (Schadenersatz oder Gewährleistungsanspruch) sowie weitere externe Risiken (Naturkatastrophe, Blackout).
Liquiditätsrisiko
Beim Liquiditätsrisiko wird zwischen kurzfristigen und langfristigen Liquiditätsrisiko unterschieden. Zudem gibt es noch die Marktiliquidität, wobei diese besagt, dass Wertgegenstände sowie Vermögensgegenstände am Markt nicht verkauft werden können (oder lediglich zu geringen Preisen). Das kurze Liquiditätsrisiko wird auch Insolvenzrisiko genannt und bezeichnet das nicht nachkommen der Zahlungsverpflichtungen (am Supermarkt zu wenig Geld im Portmonnaie, Karten nicht gedeckt, Konto überzogen). Dieses Risiko ist akut und hat unmittelbare Auswirkungen. Ein Refinanzierungsrisiko beschreibt ein langfristiges Liquiditätsrisiko, wobei ein zukünftiges Niveau nicht gehalten werden kann. Dies kann zum Beispiel die Rückzahlung eines Kredites sein, wobei bei Arbeitslosigkeit in ein paar Monaten Rücklagen aufgebraucht sind. Hier kann noch gehandelt werden, allerdings nicht immer. So bekommen zum Beispiel Arbeitslose schwerer einen Kredit, usw.
Messung des Risikos
Die Risikomessung ist der Kern des Risikomanagements. Zudem ist die Risikomessung der zweite Schritt im Prozess (Risikoanalyse und Risikomessung). Zur Messung des Risikos stehen Risikomaße zur Verfügung. Dabei wird zwischen symmetrischen Risikomaßen (Varianz) und downside Risikomaße (Expected Shortfall und Value at Risk) unterschieden.
Methoden der Risikomessung und -steuerung
Risikomessung
Die Risikomessung ist der zweite Schritt im Risikomanagementprozess und umfasst die Quantifizierung der identifizierten Risiken. Hierbei werden verschiedene Methoden und Modelle verwendet:
- Value at Risk (VaR): Ein Maß für den maximalen potenziellen Verlust innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
- Expected Shortfall (ES): Der durchschnittliche Verlust, der den VaR überschreitet.
- Stress-Tests: Simulation extremer Marktbedingungen zur Überprüfung der Risikotragfähigkeit.
Risikosteuerung
Die Steuerung von Risiken kann aktiv oder passiv erfolgen:
- Aktive Maßnahmen: Reduzierung der Eintrittswahrscheinlichkeit oder Schadenshöhe, z.B. durch Diversifikation oder Hedging.
- Passive Maßnahmen: Akzeptanz und Management von Risiken ohne direkte Eingriffe, z.B. durch Risikotransfer (Versicherungen).
Kapital- und Liquiditätsvorschriften
Zur Risikominderung müssen Banken bestimmte Kapital- und Liquiditätsanforderungen erfüllen:
- Kernkapitalquote: Ein Mindestanteil des Eigenkapitals im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva.
- Liquiditätsdeckungsquote (LCR): Ein Liquiditätspuffer zur Deckung von Netto-Liquiditätsabflüssen über 30 Tage.
- Net Stable Funding Ratio (NSFR): Sicherstellung einer stabilen Finanzierung über einen Zeitraum von einem Jahr.
Regulatorische Rahmenbedingungen
Die regulatorischen Anforderungen im Risikomanagement sind umfangreich und umfassen verschiedene Ebenen:
- Europäische Zentralbank (EZB): Zuständig für die Aufsicht über große Banken in der Eurozone und die Wahrung der Geldwertstabilität.
- Europäisches System der Finanzaufsicht (ESFS): Umfasst die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA), die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) und die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA).
- Bankenunion: Besteht aus dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) und dem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM), die eine harmonisierte Aufsicht und Abwicklung von Banken gewährleisten.
Fallstudien und Praxisbeispiele
Finanzkrise 2008
Die Finanzkrise von 2008 zeigte die Bedeutung eines robusten Risikomanagements. Viele Banken mussten aufgrund unzureichender Risikobewältigungsstrategien massive Verluste hinnehmen. Die Krise führte zu einer verstärkten Regulierung und strengeren Anforderungen an das Risikomanagement.
COVID-19-Pandemie
Die Pandemie stellte Banken vor neue Herausforderungen. Plötzliche Marktverwerfungen und wirtschaftliche Unsicherheiten erforderten schnelle Anpassungen in der Risikosteuerung. Viele Banken mussten ihre Liquiditätsreserven erhöhen und die Kreditrisiken neu bewerten.
Zukünftige Entwicklungen im Risikomanagement
Die fortschreitende Digitalisierung und die zunehmende Komplexität der Finanzmärkte stellen das Risikomanagement vor neue Herausforderungen. Zukünftige Entwicklungen könnten beinhalten:
- Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning: Diese Technologien können die Vorhersage und Bewältigung von Risiken präzisieren.Erweiterte Stress-Tests: Simulationen, die noch umfassendere Szenarien abdecken.Integrierte Risikomanagementsysteme: Systeme, die verschiedene Risikoarten und -quellen miteinander verknüpfen und eine ganzheitliche Betrachtung ermöglichen.
Weitere Möglichkeiten zur Risikomessung
Eine weitere Möglichkeit zur Risikomessung für das Risikomanagement – speziell im Bereich von Banken – ist die Principal Component Analyses (Hauptkomponentenanalyse). Dabei werden historische Daten durch eine Reihe von unkorrelierten Komponenten zu erklären, wobei auf lineare Algebra zurückgegriffen wird. Die Hauptkomponenten werden nach der Varianz absteigend bestimmt und sind untereinander unkorreliert. Werden Hauptkomponenten mit kleiner Varianz weggelassen, so geht nur ein kleiner Teil an Information verloren. Oftmals kann mit den ersten 3 bis 4 Hauptkomponenten bereits 90-95% der Varianz erklärt werden. Dies gilt für die meisten Modelle und Anforderungen als ausreichend. Informiere dich über die Hauptkomponentenanalyse sowie die Key Rate Duration.
Basel
Durch Basel wurde und werden die Eigenkapitalmessung sowie Eigenkapitalanforderungen spezifiziert. In einem ersten Schritt (Basel 1) wurde der Solvabilitätskoeffizient eingeführt. Dieser besagt, dass die Eigenmittel dividiert durch die risikogewichteten Aktiva zumindest 8% betragen muss. Dabei wird das risikogewichtete Aktiva mittels Risikoklassen bestimmt. Dies bedeutet, dass für einen Kredit mit 100% Risikogewicht und einem Betrag von 100€ zumindest 8€ an Eigenmittel vorgehalten werden müssen. Im späteren haben sich mit Basel 2 die drei berühmten Säulen gebildet. Dabei beinhaltet Säule 1 die quantitative Eigenkapitalanforderung (Kreditrisiko, Marktrisiko und operationelles Risiko), der zweiten Säule die qualitative Anforderungen wie Überwachung durch die Finanzaufsicht und Risikomanagementsysteme und die Säule 3 die Transparenz sowie die Marktdisziplin.
Derzeit sowie zukünftig soll nicht nur das Ergänzungskapital durch hartes Kernkapital getauscht werden, sondern auch Puffer aufgebaut werden.
Einen guten Überblick bietet die Zusammenfassung Bankmanagement und Risikomanagement.
Fazit
Das Risikomanagement ist für Banken von zentraler Bedeutung, um ihre Stabilität und den Schutz der Einlagen zu gewährleisten. Durch die Identifikation, Bewertung und Steuerung von Risiken können Banken ihre Exponierung gegenüber verschiedenen Gefahren minimieren und ihre finanzielle Gesundheit sichern. Angesichts der sich ständig wandelnden Marktbedingungen und regulatorischen Anforderungen bleibt das Risikomanagement eine dynamische und herausfordernde Aufgabe, die kontinuierliche Anpassungen und Innovationen erfordert.